LOGOPÄDISCHE PRAXIS SEEL

Funktionelle und organische Stimmstörungen

Stimmstörungen können funktionell, organisch, psychisch oder hormonell bedingt sein. Funktionelle Stimmstörungen (Dysphonien) Bei einer funktionellen Stimmstörung handelt es sich um eine Beeinträchtigung der Stimmleistungsfähigkeit oder der stimmlichen Qualität, ohne dass primär eine organische Veränderung am stimmgebenden Apparat besteht. Zu den gängigsten funktionellen Stimmstörungen gehören die sogenannte Hypofunktionelle Dysphonie wie auch die Hyperfunktionelle Dysphonie. Stark vereinfacht ausgedrückt, ist das Hauptmerkmal der Hypofunktionellen Dysphonie eine zu geringe Spannung gesamtkörperlich sowie im Bereich der Stimmlippen, wohingegen bei der Hyperfunktionellen Dysphonie ein Zuviel an Spannung vorhanden ist. Ursachen können beispielsweise eine gewohnheitsmäßig ungünstige Sprechtechnik sein. Zu lautes oder dauerhaft zu viel Sprechen und das Vorgehen mit zu viel Druck beim Sprechvorgang sind häufig auftretende Faktoren, die zu einer Funktionellen Stimmstörung führen können. Eine weitere Ursache kann mangelnde Stimmschonung bei oder nach akuten/ chronischen Kehlkopfentzündungen sein, so dass nach Genesung der Kehlkopfentzündung ungünstige Sprechgewohnheiten beibehalten werden. Auch psychogene Faktoren wie Stress- und Drucksituationen beruflich wie privat können eine Rolle spielen. Symptome Die Symptome der Funktionellen Dysphonien sind sehr unterschiedlich. Hier eine kurze Auflistung möglicher Beschwerden: Stimmklang heiser, belegt, brüchig, rau, be- oder verhaucht, hart oder gepresst, knarrend Stimme „kippt“ oder bleibt teilweise sogar aus Stimme nicht tragfähig, sondern „dünn“, resonanzarm „Kloßgefühl“ (Globusgefühl): Missempfindungen im Kehlbereich (Brennen, Kratzen, Druckgefühl - das Gefühl, „da sei etwas im Hals“) Häufiges Räuspern/Husten In den meisten Fällen sind sowohl Ruhe- als auch Sprechatmung betroffen: Atembewegungen sind oftmals vorwiegend im oberen Brust- und/oder Schulterbereich, weniger im Bauchbereich spürbar. Der Atemrhythmus kann irregulär sein. Häufig fehlt die wichtige Atempause nach der Ausatmung. Nicht selten klagen Patient*innen über Verspannungen beispielsweise im Schulter- Nackenbereich, die sich auf den Kehlbereich übertragen und somit ungünstige Bedingungen für die Stimmgebung bewirken. Gesamtkörperliche Fehlspannungen, die wiederum eine ungünstige Haltung hervorrufen oder auch umgekehrt: Eine schlechte Sitz- und Stehhaltung, die gesamtkörperliche Verspannungen auslöst. Eine eingeschränkte Eigenwahrnehmung: Fehlspannungen des Körpers werden nicht mehr oder nur noch unzureichend wahrgenommen, da sich das Zentrale Nervensystem an den unter- oder überspannten Zustand gewöhnt. Logopädische Therapie Nach der ärztlichen Abklärung, in aller Regel durch HNO-Ärzt*innen oder Phoniater*innen, erfolgt eine logopädische Diagnostik. Je nach Art und Ausprägung der Stimmstörung legen Klient*in und Therapeut*in gemeinsam die zu erreichenden Therapieziele fest. Gearbeitet wird in den meisten Fällen an Tonus (Muskelspannungszustand), Haltung, Atmung, Eigenwahrnehmung, sowie direkt an der Stimme. Gegebenenfalls werden auch psychische Faktoren mitbedacht. Primär funktionell bedingte Stimmstörungen können bei längerem Bestehen sekundär organische Veränderungen bewirken. Die häufigste Folgeerkrankung der Hyperfunktionellen Dysphonie sind die sogenannten Stimmlippenknötchen, die fast ausschließlich bei Frauen auftreten. Nach der chirurgischen Abtragung der durch mechanische Reizung entstandenen harten Knötchen auf den Stimmlippen sollte unbedingt eine logopädische Stimmübungsbehandlung stattfinden, da ansonsten oftmals die Knötchen an der gleichen Stelle wieder nachwachsen. Weitere Folgeerkrankungen können Kontaktgranulome oder Stimmlippenpolypen sein. Stimmstörungen bei Kindern Die häufigste Stimmstörung bei Kindern ist die sogenannte juvenile Hyperfunktionelle Dysphonie, von der Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Sie entsteht meist im Vorschulalter. Die Gefahr der Entwicklung von Stimmlippenknötchen (meist im Alter von 5 bis 10 Jahren) besteht ebenso wie bei Erwachsenen mit einer Hyperfunktionellen Dysphonie - lediglich mit dem Unterschied, dass die kindlichen Knötchen weich sind und normalerweise nicht chirurgisch abgetragen werden müssen. Symptome: raue, heisere, evtl. auch verhauchte Stimme Stimmlage zu tief häufiges Räuspern/Husten Die logopädische Therapie erfolgt in spielerischer Form. Der ausführlichen Elterninformation und -beratung kommt eine große Bedeutung zu. Funktionelle Mutationsstimmstörungen (Mutation = Stimmbruch) Funktionelle Mutationsstimmstörungen betreffen fast ausschließlich Jungen. Sie können je nach spezifischer Störung beispielsweise dadurch ausgelöst werden, dass sich der Stimmwechsel von der kindlichen, höheren Stimmlage zur tieferen Stimmlage in der Pubertät über eine zu lange Zeitdauer erstreckt: Das Tieferwerden der Stimmlage wird durch das Längenwachstum der Stimmlippen verursacht. Wachsen diese plötzlich, so verläuft der Stimmwechsel in der Regel unkompliziert, da der Stimme „nichts anderes übrigbleibt“ als tiefer zu werden. Geht das Stimmlippenwachstum langsam vonstatten, so kann es passieren, dass das hohe Phonationsmuster, also die hohe Stimmgebung, beibehalten wird. Eine Folge kann beispielsweise die sogenannte Mutationsfistelstimme sein. Organische Stimmstörungen Eine der häufigsten organischen Stimmstörungen ist die Stimmlippenparese (=Stimmlippenlähmung, ein- oder doppelseitig). Ursachen der Stimmlippenlähmung können beispielsweise Strumektomien, Langzeitintubationen, Unfälle/Verletzungen mit Halsbeteiligung sowie infektiöse Erkrankungen sein. Mögliche Symptome: Stimme be- bis verhaucht, leise, heiser Stimmumfang eingeschränkt Atemnot bei doppelseitigen Lähmungen Die logopädische Therapie sollte insbesondere bei Stimmlippenlähmungen möglichst frühzeitig erfolgen, damit eine Muskelatrophie (Schwinden der Muskelmasse) vermieden werden kann.

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Funktionelle und organische

Stimmstörungen

Stimmstörungen können funktionell, organisch, psychisch oder hormonell bedingt sein

Funktionelle Stimmstörungen (Dysphonien)

Bei einer funktionellen Stimmstörung handelt es sich um eine Beeinträchtigung der Stimmleistungsfähigkeit oder der stimmlichen Qualität, ohne dass primär eine organische Veränderung am stimmgebenden Apparat besteht. Zu den gängigsten funktionellen Stimmstörungen gehören die sogenannte Hypofunktionelle Dysphonie wie auch die Hyperfunktionelle Dysphonie. Stark vereinfacht ausgedrückt, ist das Hauptmerkmal der Hypofunktionellen Dysphonie eine zu geringe Spannung gesamtkörperlich sowie im Bereich der Stimmlippen, wohingegen bei der Hyperfunktionellen Dysphonie ein zuviel an Spannung vorhanden ist. Ursachen können beispielsweise eine gewohnheitsmäßig ungünstige Sprechtechnik sein. Zu lautes oder dauerhaft zu viel Sprechen und das Vorgehen mit zu viel Druck beim Sprechvorgang sind häufig auftretende Faktoren, die zu einer Funktionellen Stimmstörung führen können. Eine weitere Ursache kann mangelnde Stimmschonung bei oder nach akuten/ chronischen Kehlkopfentzündungen sein, so dass nach Genesung der Kehlkopfentzündung ungünstige Sprechgewohnheiten beibehalten werden. Auch psychogene Faktoren wie Stress- und Drucksituationen beruflich wie privat können eine Rolle spielen. Symptome Die Symptome der Funktionellen Dysphonien sind sehr unterschiedlich. Hier eine kurze Auflistung möglicher Beschwerden: Stimmklang heiser, belegt, brüchig, rau, be- oder verhaucht, hart oder gepresst, knarrend Stimme „kippt“ oder bleibt teilweise sogar aus Stimme nicht tragfähig, sondern „dünn“, resonanzarm „Kloßgefühl“ (Globusgefühl): Missempfindungen im Kehlbereich (Brennen, Kratzen, Druckgefühl - das Gefühl, „da sei etwas im Hals“) Häufiges Räuspern/Husten In den meisten Fällen sind sowohl Ruhe- als auch Sprechatmung betroffen: Atembewegungen sind oftmals vorwiegend im oberen Brust- und/oder Schulterbereich, weniger im Bauchbereich spürbar. Der Atemrhythmus kann irregulär sein. Häufig fehlt die wichtige Atempause nach der Ausatmung. Nicht selten klagen Patient*innen über Verspannungen beispielsweise im Schulter-Nackenbereich, die sich auf den Kehlbereich übertragen und somit ungünstige Bedingungen für die Stimmgebung bewirken. Gesamtkörperliche Fehlspannungen, die wiederum eine ungünstige Haltung hervorrufen oder auch umgekehrt: Eine schlechte Sitz- und Stehhaltung, die gesamtkörperliche Verspannungen auslöst. Eine eingeschränkte Eigenwahrnehmung: Fehlspannungen des Körpers werden nicht mehr oder nur noch unzureichend wahrgenommen, da sich das Zentrale Nervensystem an den unter- oder überspannten Zustand gewöhnt. Logopädische Therapie Nach der ärztlichen Abklärung, in aller Regel durch HNO- Ärzt*innen oder Phoniater*innen, erfolgt eine logopädische Diagnostik. Je nach Art und Ausprägung der Stimmstörung legen Klient*in und Therapeut*in gemeinsam die zu erreichenden Therapieziele fest. Gearbeitet wird in den meisten Fällen an Tonus (Muskelspannungszustand), Haltung, Atmung, Eigenwahrnehmung, sowie direkt an der Stimme. Gegebenenfalls werden auch psychische Faktoren mitbedacht. Primär funktionell bedingte Stimmstörungen können bei längerem Bestehen sekundär organische Veränderungen bewirken. Die häufigste Folgeerkrankung der Hyperfunktionellen Dysphonie sind die sogenannten Stimmlippenknötchen, die fast ausschließlich bei Frauen auftreten. Nach der chirurgischen Abtragung der durch mechanische Reizung entstandenen harten Knötchen auf den Stimmlippen sollte unbedingt eine logopädische Stimmübungsbehandlung stattfinden, da ansonsten oftmals die Knötchen an der gleichen Stelle wieder nachwachsen. Weitere Folgeerkrankungen können Kontaktgranulome oder Stimmlippenpolypen sein. Stimmstörung bei Kindern Die häufigste Stimmstörung bei Kindern ist die sogenannte juvenile Hyperfunktionelle Dysphonie, von der Jungen häufiger betroffen sind als Mädchen. Sie entsteht meist im Vorschulalter. Die Gefahr der Entwicklung von Stimmlippenknötchen (meist im Alter von 5 bis 10 Jahren) besteht ebenso wie bei Erwachsenen mit einer Hyperfunktionellen Dysphonie - lediglich mit dem Unterschied, dass die kindlichen Knötchen weich sind und normalerweise nicht chirurgisch abgetragen werden müssen. Symptome: raue, heisere, evtl. auch verhauchte Stimme Stimmlage zu tief häufiges Räuspern/Husten Die logopädische Therapie erfolgt in spielerischer Form. Der ausführlichen Elterninformation und -beratung kommt eine große Bedeutung zu. Funktionelle Mutationsstimmstörungen (Mutation = Stimmbruch) Funktionelle Mutationsstimmstörungen betreffen fast ausschließlich Jungen. Sie können je nach spezifischer Störung beispielsweise dadurch ausgelöst werden, dass sich der Stimmwechsel von der kindlichen, höheren Stimmlage zur tieferen Stimmlage in der Pubertät über eine zu lange Zeitdauer erstreckt: Das Tieferwerden der Stimmlage wird durch das Längenwachstum der Stimmlippen verursacht. Wachsen diese plötzlich, so verläuft der Stimmwechsel in der Regel unkompliziert, da der Stimme „nichts anderes übrigbleibt“ als tiefer zu werden. Geht das Stimmlippenwachstum langsam vonstatten, so kann es passieren, dass das hohe Phonationsmuster, also die hohe Stimmgebung, beibehalten wird. Eine Folge kann beispielsweise die sogenannte Mutationsfistelstimme sein. Organische Stimmstörungen Eine der häufigsten organischen Stimmstörungen ist die Stimmlippenparese (=Stimmlippenlähmung, ein- oder doppelseitig). Ursachen der Stimmlippenlähmung können beispielsweise Strumektomien, Langzeitintubationen, Unfälle/Verletzungen mit Halsbeteiligung sowie infektiöse Erkrankungen sein. Mögliche Symptome: Stimme be- bis verhaucht, leise, heiser Stimmumfang eingeschränkt Atemnot bei doppelseitigen Lähmungen Die logopädische Therapie sollte insbesondere bei Stimmlippenlähmungen möglichst frühzeitig erfolgen, damit eine Muskelatrophie (Schwinden der Muskelmasse) vermieden werden kann.